Zwischen Schwarz und Weiß: Ein Leben mit Borderline und Depressionen

Zwischen Schwarz und Weiß: Ein Leben mit Borderline und Depressionen
Kürzlich fragte mich jemand, warum ich manchmal sage, dass ich nichts fühle, und dann wieder, dass ich zu intensiv fühle. Manchmal ist da nichts – keine Regung, nur eine unerträgliche Leere. Dann wieder fühle ich alles auf einmal, wie ein Sturm. Ich bin sensibel wie ein Seismograf und erlebe ein Chaos der Gefühle: Wut, Enttäuschung, Angst, Freude, Liebe und Euphorie – alles gleichzeitig und in überwältigender Intensität.

Es gibt Zeiten, in denen ich mich mit über 200 km/h im Auto wiederfinde, die Augen geschlossen, und andere, in denen mich die Panik überfällt, nicht aus einer Narkose aufzuwachen. Das Gefühl, die Kontrolle zu verlieren, verursacht wahre Angst. Manchmal laufe ich 30 km am Tag und hungere, dann gibt es wieder Monate, in denen Sport ein Fremdwort für mich ist.

Manchmal stehe ich im Rampenlicht vor vielen Menschen, führe Gespräche und leite Diskussionen. An anderen Tagen sage ich Treffen mit Freunden ab, weil mich die Angst vor Menschenmengen überwältigt. Die Nähe zu Freunden, Partnern und Familie ist mal erdrückend, mal ersehnt, aber das Alleinsein wiegt oft schwerer.

In euphorischen Momenten fahre ich spontan nach Amsterdam, doch geplante Reisen scheitern oft an der Unmöglichkeit, sie durchzuführen. Es gab Zeiten, in denen ich bis zu 70 Stunden die Woche arbeitete, gefolgt von Tagen, an denen ich nicht aus dem Bett kam. Impulsiv gebe ich viel Geld aus, ohne an die Folgen zu denken. Der Scham und die Wut auf mich selbst begleiten mich stets.

Obwohl ich mich äußerlich verändere und mich in bunte Kleidung hülle, meide ich Selbstfürsorge. Ich bin mein schärfster Kritiker, schäme mich für das, was ich bin, und sage fast immer „Ja“ zu allem, ohne mich abzugrenzen. Ich verstecke meine wahren Gefühle hinter einer Fassade, um zu verbergen, wie es mir wirklich geht.

Meine Therapeutin möchte oft den „wahren“ Patienten sehen – den, der im Auto weint und unter innerer Anspannung leidet. Den, der verzweifelt seine Mutter anruft, weil er Hilfe braucht. Oft verliere ich mich in meinen Gedanken, vergesse Dinge und zweifle ständig an mir.

Menschen sagen, ich sei gutherzig, doch Komplimente machen mir eher Pein als Freude. Ich verletze andere mit meinem impulsiven Verhalten, treibe sie durch Distanz und Notlügen von mir weg. Ich weiß, dass mein Umfeld unter meiner Krankheit leidet, und ich fühle tief mit jedem mit, als wäre ich selbst betroffen. Ich verstehe zu gut, wie einsam man sich fühlen kann.

Früher strebte ich nach einem perfekten Lebenslauf, heute sammele ich Klinikaufenthalte und Arztbriefe. Meine Ziele sind verschwommen, und ich frage mich oft: Wer bin ich? Was will ich sein? Der Zyklus von „Ok, schlecht, Klinik, Ok“ scheint endlos. Keine Therapie brachte bisher den Durchbruch, aber ich gebe nicht auf. Ich möchte normal leben, zufrieden mit mir und in gesunden Beziehungen.
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